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PRESSE

„[...] es verwundert nicht, dass sich die deutsche Presse mit Lobeshymnen auf die russische Pianistin überschlägt [...]“

„Beifallsorkan für eine Grande Dame mit feinnerviger Anschlagskultur und gemeißelten Rhythmen“

„Standing ovations und Jubel für einen großen Abend mit Eva Smirnova“

„[...] eine aus dem konventionellen Kulturbetrieb herausragende Pianistin [...]“

„Sie verströmte Tiefe und heitere Gelassenheit bei äußersten Tempi.“

„[...] vergleichbar mit Carla Haskil oder Arthur Rubinstein [...] Noch im hohen Diskant klingt der Flügel warm [...]“

„[...] Kraftfülle bei rasenden Passagen, schwierigsten Sprüngen, Kontrolle und Risiko, feinster Ironie, zartester Leichtigkeit, agogischen Rückungen [...]“

„[...] eine Weltklassepianistin [...]“

„[...] wie funkelnde Regentropfen im Sonnenlicht perlten die Töne von ihren Fingern. Zwei Zugaben für einen Konzertabend erster Güte.“


Es gibt doch noch musikalische Überraschungen
Stehende Ovationen für die St. Petersburgerin Eva Smirnova
bei ihrem Klavierabend im Großen Saal

Bad Kissingen (ta). Es war durchaus eine Sensation, das Konzert der St. Petersburger Pianistin Eva Smirnova bei den Bad Kissinger Klaviertagen im Großen Saal. Denn wann hat das Publikum schon die Gelegenheit, eine Künstlerin zu erleben, die schon eine halbe Karriere erster Güte hinter sich hat, die in Westeuropa aber niemand kennt? Denn erst 1993 gab sie ihr Deutschland-Debüt mit einem Konzert in Würzburg. Wann kann sich ein Publikum derart überraschen lassen?
Ein „Rubinstein im Rock“, wie sie von Kritikern genannt wurde, ist Eva Smirnova nicht. Der Vergleich wird beiden nicht gerecht, auch wenn sie in manchem an den verstorbenen Großmeister erinnert, der sie sehr geschätzt hat. Dazu hat ihr Spiel das Stadium der Arbeit noch nicht verlassen. Aber in ihrer technischen Souveränität, die ihr riesige Gestaltungsräume eröffnet (auch für hintergründigen Humor), da ist sie wie Rubinstein, obwohl sie sich insgesamt sehr viel ernster gibt.

Wenig Vergleichbares
Eher erinnert sie an Swjatoslav Richter und seine kompromisslose Spielweise. Da ist nichts von den sauber gescheitelten Darbietungen der kühlen Perfektionisten, die in ihrer Genauigkeit so leicht auszurechnen sind und letztendlich auf höchstem Niveau langweilen. Eva Smirnova spielt auf Angriff, scheut nicht das Risiko [...] Bei ihr ist ein Prestissimo auch wirklich ein Prestissimo, und sie wird nicht langsamer, wenn es schwieriger wird.
Dafür spielt sie außergewöhnlich persönlich. Vor allem in den langsamen, lyrischen Passagen, in denen wirklich jeder Ton kalkuliert ist, jeder Ton eine Funktion in einer Aussage hat, gibt sie sich als eine Künstlerin zu erkennen, die so sehr hinter der Musik steht, dass sie sie gerade neu zu komponieren scheint. Derartige Sternstunden dieser Art von Intensität gab es nur wenige in Bad Kissingen: Swjatoslav Richter, Barry Douglas mit Liszts h-moll-Sonate in Bildhausen [...]. Ansonsten Fehlanzeige. Nicht nur weil sie in Westeuropa mit seinen Schallplattenkataloge noch keinen donnernden Namen hat, weil man sie einfach noch nicht kennt und noch nicht taxiert hat: Wenn Eva Smirnova spielt, hört man die Werke neu. Etwa das so ganz unromantische, kantige, spröde Schumann-Bild, das sie in seinem „Carnaval“ mit faszinierender Energie entwirft, obwohl sie auch außerordentlich behutsam mit ihm umgehen kann. Oder die Erkenntnis, dass Chopins Erzählen in der wunderbaren g-moll-Ballade etwas mit gefühlvoller Spannung zu tun hat oder dass seine Polonaisen mehr sein können als Unterhaltungsmusik. So technisch brillant und unerbittlich ist das Ostinato der linken Hand in der As-Dur-Polonaise in Konzertsälen so gut wie nie zu hören. Oder die bizarre Klangfarbenfinesse in der Liszt-Bearbeitung von Saint-Saens' Danse macabre oder Liszts stark rhythmisch geprägte Des-Dur-Rhapsodie: Stets geht sie bis ans interpretatorisch Äußerste und findet doch immer wieder verschiedene Aspekte.

Wundern über Moskau
Vier Zugaben musste Eva Smirnova dem restlos begeisterten Publikum entbieten, das schon zur Pause nicht mit Bravorufen gegeizt hatte. Und zu dem Staunen über die Künstlerin mischt sich ein Staunen aber die ehemaligen sowjetischen Machthaber: Dass sie dieses Paradebeispiel der besten russischen Klavierschule in ihrer Heimat eingesperrt haben. Nicht nur ihr selbst ist dadurch viel entgangen.

Aus: Saale-Zeitung, Bad Kissingen, 18. 4. 1994


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Rauschende Klaviernacht
Konzert mit Eva Smirnova bei Bad Kissinger Kulturtagen

Um es gleich vorwegzunehmen: Sämtliche Attribute, mit denen Eva Smirnova im Programmheft bedacht wurde, sind vollkommen gerechtfertigt, abgesehen von einem marginalen Detail: Statt einem „Rubinstein im Rock“ meinte man am vergangenen Samstag im Großen Saal des Bad Kissinger Regentenbaus eher einem „Horowitz im Rock“ begegnet zu sein.
Denn sowohl stilistisch als auch in der Programmwahl dominierte bei Frau Smirnova doch eher das virtuose Element, für das der Name Vladimir Horowitz ja das Synonym schlechthin bildet. Eine Assoziation zu den Namen dieser beiden wohl bedeutendsten Pianisten unseres Jahrhunderts liegt jedenfalls durchaus nahe. Denn mit der aus St. Petersburg stammenden Eva Smirnova beginnt eine Pianistin die westlichen Konzertpodien zu erobern, die ganz gewiss in die erste Reihe der Tastenvirtuosen einzuordnen ist.
Begeisternd ist dabei neben ihrer schier unfassbaren Virtuosität ihr unmittelbares und risikofreudige (wie langweilig wirkt dagegen ein sicherheitsbetontes Musizieren) Klavierspiel, das den Zuhörern die Musik zwingend miterleben lässt.
Nach den beiden eröffnenden Fantasiestücken „Warum?“ und „Aufschwung“ aus Robert Schumanns op. 12 stand am Samstag dessen „Carnaval“ auf dem Programm, der gewiss brillanteste unter den Tonzyklen des Komponisten.
Und farbige Brillanz ließ Eva Smirnova diesem munteren Reigen in Fülle angedeihen. Dem gewaltigen Préambule in schließlich rasantem Tempo folgten herrliche Impressionen: Da wurde in Eusebius´ Psyche gleichsam hineingehorcht, ehe sich Florestan stürmisch Bahn brach. Arlequin und Coquette schwirrten keck und eben „kokett“ durch den Saal. Die Papillons flatterten munter umher. Chopin entfaltete sich herrlich kantabel und in der Reconaissance zeugten die duftigen Daumenrepetitionen von pianistischer Qualität allerhöchster Güte. Der wilde Reigen von Pantalon und Colombine, Paganinis Virtuosität und eine großartig aufgebaute Promenade mündeten schließlich in einen Davidsbündlermarsch, der auch die letzten Philister hinwegfegte.
Nach der Pause gab es dann reichlich Chopin. In der g-moll-Ballade steigerte Eva Smirnova das zweite Thema zu einer hymnischen Kantilene, gestaltete die dis-moll-Mazurka op. 30.4 selten verinnerlicht und offenbarte mit dem Walzer op. 64, 4 und dem posthumen e-moll-Walzer eine beeindruckende Anschlagskultur gepaart mit nobler Brillanz.
Ganz groß geriet ihr die so berühmte As-Dur-Polonaise op. 50. Kraftvoll gestaltete sie da das Hauptthema, meisterte die Oktavfiguren im Trio in nahezu aberwitzigem Tempo und steigerte den Schluss in eine überwältigende Apotheose sieghaften Triumphes.
Der „Danse macabre“ von Camille Sait-Saens in der Klavierübertragung von Franz Liszt und dessen sechste ungarische Rhapsodie boten Eva Smirnova am Schluss ihres Programms noch einmal ausgiebig Gelegenheit, ihre nahezu singuläre technische Brillanz zu demonstrieren, und veranlassten das Publikum zu standing ovations und zahllosen Bravorufen.
Stürmisch geforderte und gerne gewährte vier (!) Zugaben beschlossen eine rauschende Klaviernacht. Solche Recitals mit Frau Smirnova wünscht man durchaus noch weitere Male erleben zu dürfen.

Volksblatt Würzburg, 19. 4. 1994


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Ergreifende Musikalität alter Schule
Die Russin Eva Smirnova überwältigt mit Chopin in Gröbenzell

G r ö b e n z e II - Im schwarz-golden wallenden Abendkleid schwebt sie wie eine russische Gräfin auf die Bühne. Doch sogleich beginnt sie streng und konzentriert zu spielen: Eva Smirnova aus St. Petersburg, die nach ihrem begeistert aufgenommenen Klavierabend vor zwei Jahren nun mit einem reinen Chopin- Konzert in die Gröbenzeller Steiner-Schule zurückgekehrt ist.
Vier große bis größte Werke des Polen hatte sie aufs Programm gesetzt, beginnend mit der Fantasie op. 49 und der Ballade op. 52, beide in f-moll, und nach der Pause die Sonate op. 35 und das Scherzo op. 31, jeweils in der Grundtonart b-moll stehend. Dazwischen, gleichsam zum Aufatmen für Interpretin wie Publikum, Mazurken, die Fis-Dur-Barcarolle (op. 60) und das cis-moll-Nocturne.

Ergreifende Aura
Schon bald nach Beginn konnte man hören, dass Eva Smirnova zu einer aussterbenden Pianist(inn)en-Gattung zählt, vergleichbar vielleicht am ehesten Clara Haskil oder Arthur Rubinstein, die zugleich abwesend und ungemein konzentriert musizierten, dabei den lyrischen Phrasen eine ergreifende Aura gaben, die Virtuosität jedoch immer in musikalische Verläufe einbanden. Noch im hohen Diskant klingt der Flügel bei Eva Smirnova warm im Ton und weich im Anschlag.
Dabei gerät das Bassfundament nie ins Hintertreffen, sondern gerät durch das obertonreiche Spiel nur um so plastischer. Die Brillanz der virtuosen Passagen aber wird nicht auf dem Silbertablett serviert, sondern ereignet sich fast beiläufig. Ein Fortissimo knallt nie, sondern rundet sich noch in der heftigsten Intensität.
Zum Ereignis werden bei Eva Smimova dennoch die Pianissimo-Stellen. Wenn sie zu Beginn des cis-moll-Nocturne op. 27/1 ganz verhauchte neben heftig aufblitzende Töne setzt, oder über einem leisen, nervösen Bass-Gemurmel die Steigerungen langsam sich entfalten lässt. Auch in der Ballade ist der untergründige Walzer immer präsent, die dramatische Verdichtung steht unmittelbar neben der frei sich verströmenden Kantilene.

Höhepunkt des Abends
Höhepunkt des Abends wurde freilich die großartige Interpretation der 2. Sonate in b-moll op. 35. Bereits wie Eva Smirnova den wilden Furor des Scherzos an den Kopfsatz unmittelbar anschloss, zeigte, dass es ihr - wie auch Chopin - weniger um das klassische Formprinzip als den musikalischen Ausdruck einer vierteiligen, eigentlich einsätzigen Phantasie ging. Nur folgerichtig war, dass das knappe Presto, von Rubinstein als „Sausen des Windes über den Gräbern“ verstanden, wie ein unheimlich leiser, doch scharfer, chromatischer, fast ins Geräuschhafte aufgelöster Sturm vorbeifegte.

Unerbittlicher Trauermarsch
Doch der ergreifendste Moment ereignete sich, als über dem schwer lastend gespielten, unerbittlichen Trauermarsch sich bei Eva Smimova die schwebende Melodie wie tonlos entfaltete, schon jenseits von Trauer, aber auch von Trost alles Irdische hinter sich gelassen hatte.
Ganz anders danach die Mazurken, als vollendete Preziosen bewundernswert oberton-, facetten- und farbenreich gespielt - mit größter Empfindung, dabei jedoch nie die Sentimentalität auch nur streifend.

Organische Übergänge
Im b-moll-Scherzo war noch einmal die stupende, bis an die Grenzen - und darüber hinaus - gehende und einen gespenstischen Eindruck hinterlassende Geläufigkeit zu erleben, faszinierten noch einmal die organischen Übergänge und Rubati, das hauchzarte Piano und die erfüllte, große Kantilene über klarem Bassfundament.
Nach einer zauberhaften Chopin-Zugabe versprach Eva Smirnova, bald wiederzukommen. Vielleicht mit Schubert im Gepäck.

Süddeutsche Zeitung, 24. 11. 1998


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Da hielt es niemanden auf dem Sitz
Die russische Pianistin Eva Smimova gab eine Soiree im Kleinen Kursaal

Bad Kissingen (ta). Warum musste man nur des Öfteren an Alfred Brendel denken, oder an Rudolf Buchbinder und Krzysztian Zimmermann, als Eva Smirnova auf dem Podium des Kleinen Kursaals Schubert und Chopin, Debussy und Ravel spielte? Warum vor allem an Alfred Brendel? Technisch sind beide zweifellos gleich phänomenal, auch wenn sie vollkommen unterschiedlich zu ihren Ergebnissen kommen. Während Alfred Brendel wie eine bestens eingestellte und gut geö1te Maschine auf die Tasten drückt, scheint Eva Smirnova überhaupt keine Gelenke mehr unterhalb der Ellenbogen zu haben: Nicht immer kann der anatomische Norma1verbraucher erkennen, wie sie manchen Ton trifft.
Vielleicht fällt einem Alfred Brendel ein, weil es in der internationalen Pianistenszene kaum jemanden gibt, der zu Eva Smirnova interpretatorisch so entgegengesetzt ist wie er. Auch wenn das vielleicht keine populäre Feststellung ist: Alfred Brendel, aber auch die anderen, haben die Perfektion so weit getrieben, dass die Musik unnahbar, letztendlich auf höchstem Niveau uninteressant wird, weil die Ergebnisse nicht nur auskalkuliert, sondern auch vorhersehbar sind. Wer die Stücke kennt, mag die Interpretation bewundern, aber er erlebt keine Überraschung. Denn die Interpreten haben sich in ihrem klassizistischen Ideal hinter die Musik zurückgezogen, haben sich auf Distanz zu ihrer Materie begeben.
Wenn Eva Smirnova spielt, entsteht genau der gegenteilige Eindruck. Bei ihr hat man - da ähnelt sie am ehesten Martha Argerich - immer den Eindruck, dass das Stück, das sie spielt, in diesem Augenblick in ihrem Kopf erst entsteht, dass sie nicht reproduziert, sondern produziert. Es gibt wohl kaum Pianisten/innen dieses Kalibers, die so sehr sich selbst in ihr Spiel einbringen, die so viel persönliche Glaubwürdigkeit und Risikobereitschaft in die Musik einfließen lassen wie die St. Petersburger' Künstlerin. Bei ihr erlebt man noch die Überraschung der Individualität und Spontaneität, wie sie etwa Barry Douglas - man denke nur an seine h-Moll-Sonate von Liszt in Maria Bildhausen – zur Zeit leider verloren zu haben scheint.
Und dann ist da noch etwas Besonderes an Eva Smirnova: ihr Programm. Wenn andere Pianisten in ihren Konzerten Chopins g-moll-Ballade und As-Dur-Polonaise zum Mittelpunkt machen, um den sie ein paar kleinere Nummern herumdrapieren, sind das bei ihr zwei Werke unter vielen. Für sie ist jedes Konzert ein Kraftakt, aber einer, dem sie sich gerne unterzieht, weil ihr diese Kraftakte Vergnügen bereiten, weil sie gerne zeigt, was sie auf dem Kasten hat. Das zweistündige Programm im Kleinen Kursaal stellte auch das Publikum vor konditionelle Probleme. Aber es dankte ihr mit einer standing ovation.
Der Schlussapplaus war freilich gut vorbereitet. Eva Smirnova hatte ihr Publikum schnell gefangen mit drei überaus empfindsam-pointierten Schubert-Impromptus, vier Preludes von Debussy sowie den „Jeu d' eaux“ und der „Alborada del gracioso“ von Ravel. Gerade bei den Franzosen zeigte sie ihre Gestaltungsfähigkeit. Denn sie zielte nicht nur auf facettenreiche Klangfarben, sondern sie verzichtete weitgehend auf das weich zeichnende Pedal und gab diesen ungemein schwierigen Sätzen unerwartete, nachvollziehbare Konturen.
Chopin mit einer derart konstruktiven Verbissenheit zu hören ist ein höchst seltenes Erlebnis: Eine derart konkrete g-moll-Ballade, derart eigenwillige Mazurken und Walzer und eine derart machtvoll-unerbittliche As-Dur-Polonaise. Da war es kaum vorstellbar, dass Saint-Saens' „Danse macabre“ (in der verschwierigten Übertragung von Franz Liszt) und Liszts Des-Dur-Rhapsodie noch einmal eine Steigerung bedeuten würden. Abgesehen von kleinen Tributen an die Konzentration wurden diese beiden Werke zu Urerlebnissen kompromissloser Musikalität und sich selbst gegenüber rücksichtsloser Gestaltung. Da konnte es einfach niemanden auf dem Sitz halten.

Saale-Zeitung, Bad Kissingen, 24. 3. 1995


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Die große Dame der schwarzweißen Tasten
Eva Smirnova präsentierte in Aschaffenburg
einen Klavierabend der Meisterklasse

Man darf Eva Smirnova durchaus und ganz ohne Pathos als vollendete Meisterin des Pianos bezeichnen - zumindest bewältigte sie den Konzertabend im Aschaffenburger Stadttheater mit bravouröser Souveränität. Und es verwundert nicht weiter, dass sich die deutsche Presse seit dem letzten Jahr mit Lobeshymnen auf die russische Pianistin geradezu überschlägt - es gibt auch nach diesem Konzert nichts, was das bereits Gesagte bzw. Geschriebene schmälern könnte.
1993 konzertierte Eva Smirnova erstmals im Westen und erntete mit ihr ihrem Weltklassespiel großes Aufsehen, viel Jubel und unter anderem den Beinamen „Rubinstein im Rock“ - ein verblüffend überzeugender Vergleich, der insbesondere bei ihrer Chopin- und Beethoven-Interpretation ins Auge und Ohr stach.
Eröffnet wurde das Programm mit einem Spätwerk Beethovens: seiner Sonate E-Dur (op. 109). Zwei kontrastierende Motive werden geradezu im Sinne der Sonatenform verarbeitet, gleichwohl Beethoven gerade in seiner letzten Schaffensperiode die Auflösung und Überwindung der „klassischen Fessel“ suchte zugunsten einer romantischen, absoluten Freiheit des Gefühls - das allerdings war hier auch nicht zu überhören, vor allem in dem ausdrucksvollen Seitenthema, das sich während seiner Bearbeitung bis ins Expressive steigerte. Ohne Pause mündete der 1. Satz im Prestissimo, einem rasanten Scherzo, in dem Bass und Diskant zeitweise um die melodische Vorherrschaft stritten; außerdem wurde der Hörer immer wieder durch unerwartete Harmonien überrascht und aufgewühlt; Höhepunkt der dreisätzigen Sonate war jedoch der anschließende Variationensatz. Eine ruhige, innige Melodie hat Beethoven sechsmal verwandelt: Sie erhält einen feierlichen Charakter, sie ertönt als lebhafte Doppelvariation als neckisches Staccato-Motiv, als gefühlvoll polyphones Lied, als starkes kontrapunktisches Fugato, bis abschließend das Original fast unverändert erklang und in die letzte, wilde, jedoch ruhig und ernst verklingende Variation mündete. Eva Smirnova hat diese musikalisch wie technisch überaus anspruchsvolle Komposition - sie entstand, als Beethoven bereits taub war - mit sehr großer Ausdruckskraft, dabei aber einer faszinierenden gestischen und mimischen Disziplin vorgetragen, die der eines Artur Rubinstein in keiner Weise nachstand, und die an diesem Abend den Hörer noch manches Mal verblüffen sollte.
Eine endgültige Absage an die Sonate erteilte Franz Schubert – allerdings erst in seinem letzten Lebensjahr – und widmete sich ganz dem lyrischen Klavierstück: seinen Impromptus und Moments Musicaux. Mit feinnervigem Klangsinn und virtuoser Sicherheit setzte Eva Smirnova das Ges-Dur-Impromptu (op. 90 Nr. 3), das vielfach auch als „die lieblichste Melodie der Welt“ bezeichnet wurde, gefühlvoll, jedoch ohne parfümierte Sentimentalität in ein „Lied ohne Worte“ – aber ein Schubert-Lied – um. Nach dem eleganten As-Dur-Allegretto (op. 90 Nr. 4) konnte die Pianistin im energischen, stark rhythmisch geprägten, kapriziösen f-moll-Impromptu (op. 142 Nr. 4) dann abermals ihr abgerundetes technisches Können unter Beweis stellen, um mit der lieblichen Melodie des Moment Musical f-Moll (op. 94 Nr. 3) ihre überzeugende Schubert-Interpretation abzurunden.
Die folgenden vier Preludes von Claude Debussy sowie sein zartes Stimmungsbild „Claire de lune“ aus der Suite bergamasque ließen das Handwerkliche ganz hinter dem Ausdruck der Empfindung verschwinden. Mit der reichen Debussy´schen Klangpalette entlockte Eva Smirnova eine Fülle an Gefühlen in den unterschiedlichsten Farben aus der Tastatur: träumerisch zart, humoristisch, rauschend, strahlend wie ein Feuerwerk. Debussy versetzt den Hörer unvorbereitet in eine Stimmung, eine Impression, aus der er ebenso unvermittelt wieder herausgerissen wird: Momentaufnahmen von einzigartiger, stimmungsgeladener, klanglicher Farbigkeit.
Welch bestechend klangvolle Faszination von Dissonanzen wie Sekunden und großen Septimen ausgehen kann, davon konnten sich die Hörer mit der satten, virtuos geprägten Klangphantasie mit der satten, virtuos geprägten Klangphantasie „Jeux d´eau“ überzeugen. Ravel wünschte nicht, dass „man meine Musik interpretiert, es genügt, dass man sie spielt“. Eva Smirnova spielte sie, nach den „Jeux d´eau“ das temperamentvolle, auf spanischen Rhythmen basierende „Alborado del gracioso“ (Das Ständchen des Spaßmachers), und die Musik Ravels wirkte auf das Publikum: begeisterter Applaus. – Offiziell letztes Stück des Abends: das Scherzo E-Dur (op. 54) von Frederic Chopin, ein sehr beschwingtes, aber auch von häufigen Stimmungsschwankungen getragenes Werk. Mit dem klanglich, spieltechnisch und ausdrucksmäßig vielfältigen Ideen Chopins – aus denen sie aber immer auch einen tieferen, ernsteren Unterton erklingen ließ – demonstrierte Ewa Smirnova nochmals die hohe Schule der Pianistik. Das Publikum jubelte, es stampfte vor Begeisterung. Erst nach zwei Zugaben (Rachmaninow, Prelude G-Dur, und Liszt, Rhapsodie Nr. 6) kapitulierte die strahlende Pianistin, noch immer unter tosendem Beifall – wen wundert´s, bei dieser wirklich „künstlerischen Sternstunde“?!


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Verhaltene Schwermut
Die Pianistin Eva Smirnova in der Würzburger Residenz

»Die« Smirnova begeisterte mit der ihr eigenen mitreißenden Bravour das zahlreiche Publikum im Toscana-Saal der Würzburger Residenz bei einem Benefiz- Konzert zu Gunsten von Neuanschaffungen für die Gemälde-Galerie.
Das Programm war wie das Spiel: äußerst konsequent. Die Pianistin begann schwer, mit traurigem Untergrund die Fantasie f-moll op. 49, fast steinern, hart. Das Fortlaufen im Marschtempo illustrierte sie eher nachdenklich: grelle Aufschwünge, auch Übermütiges, fast wüste Energie machten neugierig auf Weiteres. Mit der Barcarole Fis-Dur op. 60 folgte ein Brillantfeuerwerk von verführerischen Trillern, flirrend schnellen Läufen; dazwischen gab es auch Schwermut, Dunkles, Sonniges, sinnliche Tiefen. Auch das Nocturne cis-moll op. 27 Nr. 1 ist ein Stück innerer Zerrissenheit und heftigsten Ausdrucks voller Düsternis, bis sich schließlich alles klärt, beruhigt.
Erst die Ballade f-moll op. 52 schlug einen freundlicheren Ton an, besaß wärmere Färbung, sanfte Resignation, verhaltene Schwermut. Hier brillierte die Smirnova mit verwirrender Schnelligkeit bei kaltem Glanz und extremer Finger-Akrobatik.
Nach der Pause begann mit der Sonate b-moll op. 35 der etwas verbindlichere Teil, der ob der Geläufigkeit und der Kontraste zwischen machtvoller Kraft und Lösung imponierte, alle vier Sätze zusammenband in markigem Anschlag. Der Sturm, der in ungeheurer Fingerfertigkeit über die Tasten hinwegfegte und trotzdem immer beherrscht blieb, ist schon bewundernswert. Der Marche funebre war dabei düster-träumerisch gehalten, fast trotzig; Süße war schmerzlich gefärbt. Wunderbare Ruhe und klarer Glanz vermieden jede Gefühligkeit, jedes Pathos. Furios und fast irre flirrend das Schluss-Presto.
Die beiden Mazurken a-moll (op. 67. Nr. 4) und h-moll (op. 33 Nr. 4) dienten nach solch starkem Musik-Erleben als Entspannung, waren klar, brillant; toll, wie Frau Smirnova die Linien von unten herauf laufen ließ, in welche Festigkeit sie mündeten. Der Abend schloss mit einem dramatisch kontrastierenden Scherzo b- moll op. 3; über den Anfang legte die Pianistin filigrane Gitter, ließ dann virtuose Kaskaden perlen und endete mit hexerischer Geschwindigkeit. Nach den vielen Bravos und einem Meer von Blumen beglückte die Pianistin ihre Fans noch mit einem Walzer und einer Polonaise - wie erwartet meisterlich. Renate Freyeisen


Begeisternde Warschauer Symphonie, betörende Eva Smirnova
Töne so zart und funkelnd wie perlende Regentropfen

BAD KISSINGEN. Mit dem letzten Konzert der Reihe Symphonisches Bad Kissingen ist es der Kurverwaltung gelungen, einen außergewöhnlichen Glanzpunkt von herausragender Qualität zu setzen, abseits des hektischen Treibens während des Kissinger Sommers. Die Sinfonia Varsovia bewies schon nach den ersten Takten der Siegfried-Idylle von Richard Wagner, dass sie zu den absoluten Spitzenorchestern der Welt gehört. [...]
Dass in Bad Kissingen schon seit drei Jahren eine so brillant spielende Pianistin wohnt, war für manche Konzertbesucher ein Novum, für alle aber ist es ein Glücksfall. Eva Smirnova aus St. Petersburg gehört zweifelsohne zu den Weltklassepianistinnen unserer Zeit, auch wenn sie im Westen noch nicht überall bekannt ist.
Wer Eva Smirnova schon öfters gehört hat, kennt sie als temperamentvolle Vollblutmusikerin. Am Montag im Regentenbau konnte beim Klavierkonzert KV 466 eine neue Seite an ihr entdeckt werden. Mit wie viel Gefühl und mit welch leichter, lockerer Hand die Tasten von ihr beinahe gestreichelt wurden, war betörend.
Besonders bei der Romanze, verzauberte sie die Zuhörer mit einem behutsamen und gefühlvollen Ton. Sie behielt während des gesamten Mittelteils der Romanze ein metrisch gleich bleibendes Tempo und verstärkte somit den Kontrast zu den forcierteren Passagen. Wie funkelnde Regentropfen im Sonnenlicht perlten die Töne von ihren Fingern, und die Begeisterung der Zuhörer für ihre seelenvolle Mozartinterpretation wurde von den zwei Zugaben, einem Beethoven und einem Rachmaninow fast noch übertroffen. [...] Gabi Zahn


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Nichts Intimes, sondern eher Nachdenkliches
Die Pianistin Eva Smirnova
im Schönbornsaal des Mainfränkischen Museums in Würzburg

Eva Smirnova, Pianistin aus St. Petersburg (Russland), hat bei einem extrem spannenden Klavierabend mit Werken von Brahms, Schubert und Chopin ihre Finger wahrlich nicht geschont. Aber auch die Zuhörer wurden gefordert. Denn obwohl Frau Smirnova vorwiegend »kleinere« Stücke ausgewählt hatte, Intermezzi, Impromptus oder Walzer, also Musiken, die bei manchen den Ruch des Verbindlichen, Gelegentlichen an sich haben, waren hier keine »Kleinigkeiten« zu hören. Die Künstlerin machte aus jedem ein Stück monumentaler Größe von fast männlicher Kraft. Schon der erste Teil mit Brahms-Intermezzi (es-moll und A-Dur aus op. 118) zeigte den Weg auf: Ein Blick nach oben, Konzentration - Frau Smirnova griff in die Tasten, und wie! Spannungsvoll, mit merkwürdig »kühlen« Farben und analytischer Klarheit begann sie. Nichts von weicher Intimität, zu der vielleicht manche Phrase verführen könnte - eher nachdenklich, mit großem, markigem Zugriff in den Fortissimi, aber auch hier ohne rauschhafte Attitüde, ziselierte sie in festem, präzisem Anschlag ein imponierendes Klanggemälde. Ruhe gab es in klärenden Momenten. Selbst bei unterschwelligem Drängen ließ sich die sympathische, frauliche Künstlerin nie zum Hetzen verführen. Sie hielt alles in starkem, entschiedenem Anschlag und in dynamisch abgestufter Agogik, in der sich Übergänge und Motive logisch auseinander entwickelten. Der Schluss, schlicht markiert, zeigte ebenfalls nichts Gefälliges.
Dann die Paganini-Variationen op. 35, 1. und 2. Heft, ein Feuerwerk brillanter, glasklarer Läufe, hart glitzernder und funkelnder Phrasierungskunst, oft fast am Rande des »Wüsten«. Die Pianistin bearbeitete diesen kantigen Brocken Klavierkomposition mit mächtiger Gewalt auf den Tasten, glitt dabei nie ab ins allzu Virtuose oder gar Glatte, scheute auch nicht Schrilles, Lautes und entwickelte dabei atemberaubende Spannung, auch an ihrer Mimik abzulesen. Dabei gab sie aber auch schlichten, fast sehnsuchtsvollen Momenten nach, die sich schmerzvoll, auch grüblerisch verdichteten und dann in ein beherztes Aufbegehren gegen solche Anwandlungen übergingen. Solche Interpretation stellte manches Gewohnte in Frage. Selbst melodischere Lied-Anklänge wurden immer schnell aufgehoben durch Rasanz oder kalte Glissandi, bis alles im machtvoll furiosen Schluss endete.

Steigerung mit Ruhe und Glanz
Nach der Pause dann die bekannten und beliebten Impromptus von Franz Schubert: Auch sie boten nicht das Gewohnte. So begann Frau Smirnova mit dem Werk Ges-Dur op. 90,3 recht leuchtend, ließ sich Zeit, baute gleich Spannung auf, vermochte in subtilen Steigerungen Ruhe und Glanz zu vermitteln. Schlicht, wie nachsinnend phrasierte sie Feinstes. Metallen glitzernd begannen die flüssig absteigenden Linien des Kopfmotivs im As-Dur-Impromptu op. 90,4, aber darunter entwickelte sich immer mehr und machtvoll Gegenläufiges, das in einen nachdrücklichen Schluss mündete.
Übermütig-spielerisch, nie ausufernd das f-moll-Impromptu op. 142,4 , das sich zu irrwitzigen Facetten verengte, durchpulst von rhythmischer Prägnanz, und sich schließlich zu Läufen von ungeheurer Spannung erweiterte. Auch bei Frederic Chopin ein ähnliches Bild: Das Große lag in der kleinen Form. Die Ballade Nr. 1 g-moll op. 23 erzählte, sich immer mehr verdichtend, von einer freundlich-heiteren Episode, von Heftigkeit und Wehmut, von idyllisch-ruhigen Momenten und schließlich Schmerzlichem. Die Walzer-Kunst Chopins erfuhr unter den Händen von Frau Smirnova eine eher distanzierende Deutung. Hier wurde nicht dekorativ »drübergewischt«, sondern die Motive wurden ausgelotet; alles schien ein wenig Wehmut, ein wenig (unerfüllter) Wunsch. Eine Wucht dann der Schluss des Konzertabends: Die Polonaise As-Dur op. 53 geriet manchmal fast ans Parodistische. Da sah der Hörer fast plastisch den Aufmarsch protziger Persönlichkeiten, unterdrückt leuchteten am Horizont militärische (?) Siegesfanfaren auf. Selbst ruhigeres Daherlaufen hatte einen drängenden Unterton, bis sich alle Energie in einen gewaltigen Schluss entlud. Renate Freyeisen

 


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